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Thüringen heute

Die aktuelle Situation in Thüringen und auch im Bund fordert uns Liberale dazu auf, uns auf unsere Grundwerte zu besinnen, aus den Vorgängen zu lernen und sich zugleich nicht in die politische Beliebigkeit aufzugeben.

In den letzten Tagen hat sich das folgende Bild geboten: Am Mittwoch, dem 05.02., standen in den ersten beiden Wahlgängen nur Kandidaten zur Auswahl, die den Rändern des politischen Spektrums zuzuordnen sind. In dieser Situation hat sich unser Landesvorsitzender Thomas Kemmerich als Kandidat der Mitte zur Wahl gestellt, um deutlich zu machen, dass es nicht nur Kandidaten der Ränder geben dürfe. Wider Erwarten wurde er mit allen (!) Stimmen auch der AfD-Fraktion zum Ministerpräsidenten gewählt. Sofort und vor allem im Verlauf der kommenden Tage brach ein Sturm der Entrüstung los, der seines gleichen sucht und mich und alle Liberalen politisch, persönlich und charakterlich herausgefordert hat und am Ende zum Sturz des gewählten Ministerpräsidenten führte. Diese Entwicklung bedauern wir sehr. Wir wurden mit zahllosen Vorwürfen konfrontiert und angegriffen, teilweise wurden Parteifreunde bedroht, die Debatte wurde alles in allem nicht mehr sachlich geführt. Deswegen möchte ich im Folgenden einige der angeführten Argumente und Vorwürfe aufarbeiten und hoffe sehr, damit meinen liberalen Freunden, allen Interessierten und nicht zuletzt unseren Wählerinnen und Wählern eine Hilfe bei ihrer eigenen Auseinandersetzung zu sein.

Zunächst einige Gedanken zu den Parteien, die ich eindeutig an die Ränder des politischen Spektrums verorten möchte: zur AfD und der Linken. Unsere Fraktion im Thüringer Landtag hat von Anfang an eine Zusammenarbeit mit beiden ausgeschlossen. Schon deswegen ist es nicht gerechtfertigt, uns jetzt diese Zusammenarbeit vorzuwerfen. Außerdem wurde immer wieder ins Feld geführt, dass man die beiden Parteien nicht vergleichen und ihre Gefahr für unsere Demokratie nicht gleichsetzen könne. Das weise ich entscheiden zurück: sowohl AfD als auch die Linke stehen nicht mit beiden Beinen fest im demokratischen Spektrum! Dennoch gibt es große Unterschiede zwischen beiden, jedoch auch Gemeinsamkeiten.

Die öffentliche Diskussion ist diesbezüglich leider vergiftet, weil es nur noch "schwarz-weiß Denken" gibt: die AfD bestünde nur aus Faschisten und die Linke nur aus Kommunisten, beide würden den Staat zu Fall bringen wollen und wären eine Gefahr, der mit aller Macht entgegengetreten werden müsste. Eine solche Feindstellung bringt uns weder weiter, noch wird sie der Situation gerecht! Aus unserer Erfahrung in den kommunalen Parlamenten wissen wir, dass sich bei AfD und Linken vernünftige Politiker finden, denen das Wohl ihrer Gemeinden und unseres Bundeslandes am Herzen liegt und die sich mit großen Engagement einbringen, Politik zu gestalten. Pauschalisierungen helfen hier also nicht weiter. Ganz im Gegenteil: sie blockieren und verhindern unsere Arbeit.


Dennoch trete ich entscheiden dafür ein, mit beiden Parteien keinerlei institutionalisierte Zusammenarbeit zu betreiben! Der Grund dafür liegt nicht in den Mandatsträgern im Einzelnen, sondern an den Parteien im Allgemeinen. Vom teils fragwürdigen Umgang mit den Mandatsträgern unseres Freistaates möchte ich an dieser Stelle nicht sprechen.

Die AfD als Partei bietet rechtsradikalen, völkischen, faschistischen, fremdenfeindlichen, und antisemitischen Strömungen eine Heimat. Daran muss sie sich messen lassen! Eine Abgrenzung zu solchen Gruppen findet nicht statt, ganz im Gegenteil: wer die Äußerungen von Herrn Höcke oder Herrn Gauland hört oder liest, kann keinen Zweifel haben, das radikalische und extremistische Bevölkerungsteile gezielt angesprochen und umworben werden. Auch der "Unvereinbarkeitsbeschluss" der Partei von 2016 führt nicht dazu, dass man sich hier abgrenzt. Es bleibt festzustellen: wer heute eine nationale und völkische Politik realisiert sehen will, wendet sich der AfD zu. Damit ist eine Zusammenarbeit mit dieser Partei grundsätzlich ausgeschlossen. Für uns Liberale steht nicht ein wie auch geartetes normatives Menschen- und Weltbild im Zentrum unseres Handelns, sondern die Freiheit des Einzelnen. Sie gilt es nicht nur zu schützen, sondern mit aller Kraft des Staates zu fördern. Die AfD aber strebt eine Umgestaltung von Staat und Gesellschaft nach ihren Vorstellungen an, sie will bevormunden und beeinflussen und tritt offen gegen die pluralistische Meinungsvielfalt.

Die Linke ist die Nachfolgepartei der ehemaligen SED. Natürlich sind nicht alle früheren Mitglieder der SED nun in der Linken, dennoch sowohl die meisten als auch nahezu alle mit Einfluss. Es hilft aber nicht der ewige Vergleich zwischen Linken und SED, genau so wenig wie der zwischen AfD und NSDAP. Aus vielen Gründen verbieten sich diese Vergleiche eher. Wichtiger ist der Blick in die Gegenwart: die Linke fordert den demokratischen Sozialismus. Auch sie will eine "revolutionäre Umwälzung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umstände" und hat gerade in letzter Zeit gezeigt, was man sich darunter vorzustellen hat. Dazu gleich mehr. Zunächst muss auch hier festgestellt werden, dass die Partei als Ganze Anlaufpunkt linksextremer und -radikaler Gruppen ist. Eine Abgrenzung findet auch hier nicht statt. An vielen Stellen findet sich sogar offene Unterstützung. Innerhalb der Partei finden Gruppen wie die "Kommunistische Plattform" oder das "Marxistische Forum" und die "Antikapitalistische Linke" ihre Heimat. Die Partei unterstützt militanten Widerstand gegen die Staatsgewalt regelmäßig auch mit Steuergeldern z.B. in Berlin und Hamburg oder nimmt Gruppen und Einzeltäter in Schutz, die sich der Staatsgewalt entgegen und den Rechtsstaat in Frage stellen, wie vor kurzem in Leipzig geschehen. Die fehlende Abgrenzung zum linksradikalen Spektrum hat sich aber besonders in den letzten Tagen gezeigt. Wir Liberalen wurden als "Faschisten" beschimpft, demokratisch gewählte Politiker demokratischer Parteien bedroht, Eigentum beschädigt und eine gewalttätige Stimmung geschürt. Die Linke, leider auch die SPD und die Grünen, betrachten diese Aktionen als wichtige Maßnahmen zum Schutz der Demokratie. Das besonders empfinden wir als gefährlichen Vorgang: mit Demokratie hat das nichts zu tun und man muss sich verwehren, solchen Taten den Deckmantel der Demokratie zuzugestehen! Es zeigt sich hier ein "Demokratieverständnis", das mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung nicht zu vereinen ist und eher an das Verständnis in der Deutschen "Demokratischen" Republik erinnert. Erinnern wir uns zurück: unter dem Mantel des "Antifaschismus" wurden damals politische Gegner mundtot gemacht oder gar aus dem Weg geräumt. Warum ist auch das Vorgehen der letzten Tage undemokratisch? Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist die Meinungsfreiheit! Man muss andere Meinungen nicht gutheißen, man muss sie aber akzeptieren. Das trifft auf das Wahlverhalten der Thüringer Bürger genau so zu wie auf die Parteien im Landtag. Die Linke versucht das Bild zu vermitteln, dass jeder, der nicht ihrer Meinung ist und ihren Kandidaten auf den Posten des Ministerpräsidenten nicht unterstützt, ein Faschist wäre. Damit bekennt sich die Partei zum marxistischen Weltbild inklusive der eingeschränkten Meinungsvielfalt. Wichtiger wäre, sich kritisch mit anderen Positionen auseinander zu setzen.

Für uns Liberale entsteht daraus eine fatale Situation: genau wie die Abgeordneten und Wähler der CDU werden wir vermehrt unter Druck gesetzt, wir werden beschimpft und diskreditiert, wir sollen zurückweichen und uns "eines Besseren" besinnen. In diesem Sinne verlangt die Linke nun, dass es die "einzige vernünftige Option" wäre, ihren Kandidaten zu unterstützen. Eine abweichende Meinung wird von vornherein mit dem Vorwurf des Faschismus abgetan. Das ist der wahre Schaden der vergangenen Tage! Nicht die demokratische Wahl von Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten, sondern der Umgang damit: die Anfeindungen, der Hass, der politische Druck von links und aus Berlin, letztlich mit Forderungen nach Neuwahlen, bis das Ergebnis passt. So kann man mit der Demokratie nicht umgehen.

Als Kreisvorsitzender der Liberalen im Altenburger Land hoffe ich sehr, dass sich der angerichtete Schaden wieder beheben lässt. Die Linke, die SPD und die Grünen fordere ich auf, nicht weiter derart radikalisierend mit der politischen Öffentlichkeit umzugehen! Die Demokratie lebt von Respekt und Meinungsvielfallt, von Reflektion und Argumenten, die dem mündigen Bürger die Möglichkeit geben sollen, sich eine Meinung zu bilden und über freie und geheime Wahlen in die Parlamente zu tragen. Bitte beenden Sie die verbale und leider auch tatsächliche Gewalt ihrer Anhänger gegen Bürgerinnen und Bürger und Mandatsträger und besinnen sie sich auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Unsere Heimat hat zwischen 1933 und 1990 unter verschiedenen Vorzeichen politische Bevormundung und Repression ertragen müssen. Als Liberaler möchte ich alles daranlegen, einen Rückfall in solche Zeiten zu verhindern.

In diesem Sinne hoffe ich auf viele, intensive und offene aber vor allem friedliche und vorwurfsfreie Gespräche mit allen Beteiligten! Meine und unsere Ohren und Augen sind stets offen!



Marco Thiele
Kreisvorsitzender